Das Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom (auch Münchhausen-by-proxy-Syndrom, kurz MbPS) ist eine seltene und schwere Form der künstlichen Störung, bei der eine Person (meist eine Bezugsperson wie ein Elternteil oder Betreuer) bei einer abhängigen Person (z. B. einem Kind oder pflegebedürftigen Erwachsenen) vorsätzlich Krankheitssymptome erzeugt oder vortäuscht, um medizinische Aufmerksamkeit zu erhalten.
Häufige Merkmale:
- Vortäuschen oder Herbeiführen von Symptomen (z. B. Vergiftungen, Fieber, Atemstillstand, falsche Angaben gegenüber Ärzten).
- Übertriebenes Bedürfnis nach medizinischer Betreuung (häufige Arztbesuche, Krankenhausaufenthalte).
- Täter profitieren emotional aus der Rolle als "fürsorglicher Betreuer".
- Opfer sind oft Kinder, seltener ältere oder behinderte Personen.
Ursachen & Psychologie:
- Oft liegt eine schwere Persönlichkeitsstörung (z. B. histrionisch oder narzisstisch) vor.
- Die Täter haben häufig selbst eine Vergangenheit mit Vernachlässigung oder Missbrauch.
- Das Syndrom kann als extrem manipulative Form der Aufmerksamkeitssuche verstanden werden.
Folgen:
- Schwere körperliche und psychische Schäden beim Opfer.
- Im Extremfall kann es zu lebensgefährlichen Eingriffen oder sogar zum Tod kommen.
- Juristisch gilt MbPS als Misshandlung bzw. Körperverletzung und kann strafrechtliche Konsequenzen haben.
Diagnose & Behandlung:
- Schwierig, da Täter oft sehr überzeugend wirken.
- Wichtig: Dokumentation von Inkonsistenzen in der Krankengeschichte.
- Therapie der Täter ist komplex und erfordert meist langfristige Psychotherapie.
- Schutz des Opfers hat oberste Priorität (z. B. Entfernung aus der Gefahrensituation).
Abgrenzung:
- Beim Münchhausen-Syndrom täuscht der Betroffene bei sich selbst Krankheiten vor.
- Beim Stellvertreter-Syndrom geschieht dies bei einer anderen Person.
Falls ein Verdacht besteht, sollte umgehend medizinisches Fachpersonal oder Jugendamt/Sozialdienste eingeschaltet werden.
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