Die Sache mit dem EGO und dem SELBST

 

Bevor wir in das Thema einsteigen erlaube mir bitte eine Definition der beiden Begriffe:

EGO: Das Ich, die Sammlung aller Emotionen Deines ganzen Lebens. Hier manifestieren sich vor allem Erfahrungen aus Kindheit und Jugend bzw. dem jungen Erwachsenenleben (Adoleszenz) und halten sich förmlich wie in einem Schmerzkörper fest. „Ich“ definiert sich dabei vor allem aus Aussagen anderer über Dich. Es hat nichts mit Deinem wahren Selbst zu tun, nichts mit dem, was Du wirklich fühlst in Herz und Seele.

Trotzdem glaubst Du, Du bist das EGO. Das Kind glaubt die Aussagen der erwachsenen Bezugspersonen – Eltern, Lehrer, Familienangehörige, später in der Jugend die der „maßgeblichen“ Peer Group Leader – tief und fest und sammelt sie. Sie sind so lange unumstößliche Glaubenssätze bis sie quasi auf ihren Wirklichkeitsgehalt untersucht werden. Das geschieht in einer Therapie oder einem psychologisch orientierten Coaching bzw. mittels Methoden in der Selbstheilung, die wir uns hier in diesem Buch noch genauer anschauen werden.

 

Andere Begriffe für das EGO:

  •  Wolf (Gewaltfreie Kommunikation – GfK – nach Marshall Rosenberg)
  •  Über-Ich (S. Freud)
  • Das EGO ist der Verstand, der – abgekoppelt von Deinen Gefühlen – um sein Überleben kämpft und dieses Überleben für das wichtigste Ziel überhaupt hält (Bodo Schäfer)

 

SELBST: Auch höheres Selbst (Higher Self nach Laura Sailer) oder einfach Seele genannt. Es entspricht Deinem wahren Wesen, wird in Stille, Begegnung oder Meditation wahrgenommen und ist absolut positiv. Das SELBST kennt weder Fremd- noch Selbstverurteilung und ist das (vor)letzte Ziel der Persönlichkeitsentwicklung. Für einen spirituell interessierten Menschen ist das SELBST das Tor zu Gott oder einer transzendentalen Wirklichkeit. Es spricht Wahrheit und ist frei von allen Gedanken des Mangels.

 

Eine Gegenüberstellung dieser beiden Teile in uns mag die Differenz noch mehr verdeutlichen:

 

EGOismus

SELBSTliebe

Angst

Liebe

Vergangenheit

Zukunft

Gegenwart

Hier und Jetzt

Reaktion

Urteil

Überreaktion

Beobachter

Maßvolle Reaktion

Interpretation

Realität

Wahrnehmung

Emotion

Gefühl

Mangel

Fülle

Denken

Vorwegnehmen

vorauseilender Gehorsam

Zulassen

Zukommen lassen

Kontrolle

Manipulation

Loslassen

Begeisterung

Motivation

Misstrauen

Vertrauen

Opfer

 

„Beschützer“:

Fremder Grenzen

Fremder Werte

Fremder Bedürfnisse

Beschützer:

Der eigenen Grenzen

Der eigenen Werte

Des eigenen inneren Kindes

Der eigenen Bedürfnisse

Machtlos

Mächtig

Kind / Jugendlicher

Erwachsener

Stress

Ruhe

Schuld liegt bei Anderen

Verantwortung

Konkurrenz

Kooperation

Partnerschaft

Win/Lose

Win/Win

 

Ich danke für die gemeinsame Erarbeitung dieser Tabelle übrigens ganz herzlich den Mitgliedern unserer festen „Die Liebe und Ich“ Donnerstagsgruppe in München!

 

Warum ist die Differenzierung der beiden Begriffe für unser Thema wichtig? Oder warum kann die Beziehung zweier EGOs nicht funktionieren?

 

Natürlich landen wir immer mal wieder im EGO, egal wie weit wir in der Persönlichkeitsentwicklung auch schon fortgeschritten sein mögen! Und natürlich handeln wir auch aus diesen Verletzungen heraus und die Partnerschaft wird AUCH der Ort sein, an dem mein EGO laut werden kann und sich zeigt. Nur darf ich mir ganz klar machen, dass sich mein EGO nicht im Geringsten um die Beziehung oder mein Glück schert (geschweige denn das des anderen), sondern dass es ihm ausschließlich um die Erhaltung des SCHMERZES geht. Meines eigenen! Daraus bezieht es seine ganze Energie, seinen Willen zum Überleben und zum Wachsen. Es will sich abgrenzen, verteidigen, beschützen. Auf Verbindung, Verständnis, Konfliktlösung legt es hingegen keinen Wert.

 

Und trotzdem ist es wichtig, dass es sich zeigt. Sogar eher in der Beziehung zeigt, als wenn Du alleine bist. Weil Dein Partner Dir immer wieder Deinen Schatten zeigen wird und das tut er – unbewusst! – aus Liebe. Damit heil werden kann was noch Wunde ist. Und damit Du Dich selbst siehst und heilen kannst.

 

Lass uns das ganze noch einmal differenzieren um deutlich zu machen, wo die Möglichkeiten und Gefahren liegen, wenn das EGO und / oder Dein SELBST reagieren. Ausgangssituation: Dein Partner, Deine Partnerin kritisiert Dich!

 

EGO

SELBST

Verteidigung

Aufmerksamkeit

Gegenangriff

Verstehen wollen

Rückzug

Verständnis signalisieren

„schmollen“

Ruhige, sachliche Prüfung

Bestrafung

Aufrechterhalten der Nähe

Liebesentzug

Liebesgefühle werden zu keinem Zeitpunkt der Auseinandersetzung beeinträchtigt

Fremdgehen

Wohlwollen Dir selbst und dem Partner gegenüber

Trennung (Durchführung / Drohung)

Die Stabilität Eurer Beziehung ist nicht gefährdet oder in Frage gestellt

Ignorieren

Dankbarkeit für Auseinandersetzung und Lernprozess

Wut

Respekt vor dem Partner, der Partnerin

Körperliche / psychische Gewalt

Zärtlichkeiten werden maximal für die Dauer der verbalen Auseinandersetzung ausgesetzt und danach zeitnah wieder aufgenommen

Abgrenzung

Gefühl der Einheit mit dem Partner

Verurteilung

Dankbarkeit

Bewertung

Offen, vollkommen in der Gegenwart

Interpretation

Nachfragen, um sicherzugehen richtig verstanden zu haben

Sexentzug

Sexualität ist möglich (Soul-Sex nach Eva-Maria

Zurhorst, siehe auch 6. Kapitel)

Das körperlich – seelische Begehren nimmt dem Partner gegenüber stark ab

Die Gefühle dem Partner gegenüber unterliegen keinerlei Einschränkungen / Schwankungen

Traurigkeit / depressive Verstimmung

Selbstreflexion

Weinen

Deine Gefühle bleiben

stabil

Selbstmitleid

Selbstliebe

Sehnsucht nach dem perfekten / nicht kritisierenden Partner (utopischer Partner)

Mein Partner ist so perfekt, wie er ist. Ich benötige keinen utopischen Partner. Seine Kritik hilft mir.

Schwarz - Weiß - Denken

Bereitschaft, mich in die „Sicht“ meines Partners zu versetzen

Verhärtung der Front zum Partner hin

Einfühlung und Empathie

Weg von sich selbst, eine „Du“ Sicht, negative Konzentration auf den Partner

Bei mir selbst bleiben

Kritik wird negativ empfunden

Kritik wird neutral oder sogar positiv empfunden

Schlechtes Gewissen nach „verletzenden“ Aktionen

Verständnis für Partner und sich selbst. Nachfühlen, warum es zu der „Verletzung“ kam

 

Bitte habe keine Angst, wenn Du Dich nun nach der Lektüre der obigen Tabelle und der Erinnerung an die letzten Streits zwischen Euch nicht ausschließlich im SELBST verorten konntest! Das gelingt kaum jemandem und das ist für uns hier auch gar nicht so wichtig. Wichtig ist, dass Du überwiegend auf der SELBST Seite stehst oder aber Dich kontinuierlich darauf zubewegst. Dass Dir die Gefahren für Dich selbst und Eure Beziehung klar und deutlich vor Augen stehen, wenn Du hier Deinem EGO das Feld überlässt! Je mehr Du Dein SELBST stärkst und Dich für seine Strategien entscheidest, desto kleiner wird sukzessive Dein EGO.

 

 

Übrigens (und das lass mich bitte mit einem kleinen Augenzwinkern anmerken): Die Tabelle oben dient nicht dazu, dass Du sie Deinem Partner zeigst und ihn oder sie darauf aufmerksam machst, was er oder sie alles falsch macht! Sie dient ausschließlich zu Deiner Orientierung…

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