Womit blockiert ihr Nähe in eurer Beziehung?

 

Viele Menschen merken gar nicht, wie sie unbewusst Distanz schaffen.

 

Hier sind einige der häufigsten Arten, wie wir Nähe in Beziehungen blockieren, oft ohne böse Absicht:

 

1. Die digitale Barriere (Handy, PC)

 

Das ist der moderne Klassiker.

 

  • Physische Anwesenheit, geistige Abwesenheit: Man sitzt nebeneinander auf dem Sofa, aber jeder ist in seiner eigenen digitalen Welt gefangen. Das sendet die Botschaft: "Was auf meinem Bildschirm passiert, ist interessanter als du."
  • Vermeidung von unangenehmen Gesprächen: Statt ein schwieriges Thema anzusprechen, greift man schnell zum Handy, um dem unangenehmen Gefühl und der Stille zu entfliehen.
  • Ersatzbefriedigung: Soziale Medien, Serien oder Games bieten einfache Dopamin-Schübe und können als Ersatz für die (manchmal anstrengendere) emotionale Verbindung zum Partner dienen.

2. Übermäßige Beschäftigung mit dem eigenen Freundeskreis oder Hobbys

 

  • Flucht nach außen: Statt Konflikte zu Hause auszutragen oder sich mit der eigenen Unzufriedenheit auseinanderzusetzen, verbringt man jede freie Minute mit Freunden oder Vereinen. Die Beziehung wird so zur leeren Hülle, weil das eigentliche Leben woanders stattfindet.
  • Nicht-Einbeziehen des Partners: Wenn der Freundeskreis strikt getrennt bleibt und der Partner nie Teil davon wird, entsteht eine "Wir und die"-Dynamik. Das schafft keine echte Verschmelzung der Lebenswelten.

3. Emotionale und kommunikative Blockaden

 

Das sind oft die tieferliegenden und schädlicheren Blockaden.

 

  • Mauern des Schweigens (Stonewalling): Bei einem Konflikt einfach abzuschalten, wegzugehen oder gar nicht mehr zu reagieren. Dies ist eine der toxischsten Verhaltensweisen, weil sie den Partner emotional erstarren lässt.
  • Kritik und Verteidigung: Statt über eigene Gefühle zu sprechen ("Ich habe mich verletzt gefühlt, als..."), wird mit Vorwürfen attackiert ("Immer machst du..."). Das führt sofort in eine Abwehrhaltung und einen Teufelskreis aus Angriff und Verteidigung.
  • Keine Verwundbarkeit zeigen: Nicht über Ängste, Unsicherheiten, Träume und Verletzungen sprechen zu wollen. Wenn man sich nicht verletzlich zeigt, kann keine tiefe emotionale Intimität entstehen. Man bleibt auf der sicheren, aber oberflächlichen Ebene.
  • Funktionieren statt Fühlen: Die Beziehung wird auf reine Alltagsorganisation reduziert ("Wer holt die Kinder ab?", "Was sollen wir einkaufen?"). Es gibt keine Gespräche mehr darüber, wie man sich eigentlich fühlt, was man sich ersehnt oder wovor man Angst hat.

4. Die "Arbeit" als Ausrede

 

  • Perfektion im Job als Ablenkung: Der Job wird zur primären Identitätsquelle und zur Rechtfertigung für emotionale Abwesenheit. "Ich muss doch Karriere machen für uns" kann ein Vorwand sein, um sich nicht den Problemen in der Beziehung stellen zu müssen.

Die eigentliche Frage ist: Warum machen wir das?

 

Hinter diesen Blockaden stecken fast immer Ängste:

 

  • Die Angst, verletzt zu werden: Wenn ich mich ganz öffne, kann ich auch tief verletzt werden. Besser, ich halte eine gewisse Distanz.
  • Die Angst, enttäuscht zu werden: Die Erwartung, dass der Partner meine (ungesagten) Bedürfnisse ohnehin nicht erfüllen kann.
  • Die Angst, die Kontrolle zu verlieren: Nähe und Verwundbarkeit bedeuten, die Kontrolle abzugeben und sich dem anderen auszuliefern.
  • Vermeidung von Konflikten: Die (irrtümliche) Annahme, dass es besser ist, Probleme unter den Teppich zu kehren, als sie anzusprechen und einen Streit zu riskieren.

Der erste Schritt zur Veränderung ist immer die Erkenntnis. Sich selbst zu fragen: "Tue ich das gerade? Warum? Was habe ich Angst zu fühlen oder zu verlieren?" – und dann mutig das Gespräch mit dem Partner zu suchen. Oft ist es hilfreich, das Problem nicht als "Du-blockierst-mit-deinem-Handy"-Vorwurf, sondern als "Mir-ist-aufgefallen,-dass-wir-uns-langsam-verlieren-und-ich-mir-wünsche..."-Gespräch zu beginnen.

 

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