Die kurze Antwort lautet: Es funktioniert nur unter sehr spezifischen, begrenzten Bedingungen und ist fast immer extrem anstrengend und fragil.
Ein Narzisst (im klinischen Sinne einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung, NPS) hat ein tiefgreifendes Muster von Grandiosität, ein Bedürfnis nach Bewunderung und einen Mangel an Einfühlungsvermögen. Genau diese Eigenschaften machen verbindliche Absprachen zu einer enormen Herausforderung.
Hier ist eine detaillierte Aufschlüsselung, warum es so schwierig ist und was man beachten kann:
Warum Absprachen mit einem Narzissten so schwierig sind:
- Mangelnde Empathie: Der Narzisst kann oder will nicht nachvollziehen, warum ein Kompromiss für Sie wichtig oder fair ist. Ihr Bedürfnis ist in seinem Weltbild irrelevant, wenn es nicht seinem eigenen dient.
- Das Gewinnen ist alles: Für einen Narzissten ist jede Verhandlung ein Nullsummenspiel: Damit er gewinnt, muss der andere verlieren. Ein Kompromiss, bei dem beide Seiten etwas bekommen, wird oft als Niederlage empfunden.
- Grandiosität und Anspruchsdenken: Er geht davon aus, dass seine Bedürfnisse und Wünsche Vorrang haben. Warum sollte er sich an eine Absprache halten, die ihn in irgendeiner Weise einschränkt? Regeln gelten für ihn oft nicht.
- Wortbruch und Realitätsverdrehung: Absprachen werden oft nicht eingehalten oder im Nachhinein umgedeutet ("Das habe ich so nie gesagt!", "Du hast das völlig falsch verstanden."). Dieses "Gaslighting" verunsichert und macht jede Vereinbarung wertlos.
- Bestrafung bei Grenzsetzung: Wenn Sie versuchen, eine Absprache einzufordern, kann dies zu Wutausbrüchen, passiver Aggression, Schweigen oder Racheakten führen.
Wann könnte es eingeschränkt funktionieren?
Absprachen haben die größte Chance auf Erfolg, wenn sie für den Narzissten einen klaren, unmittelbaren Vorteil bringen.
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Win-Win-Situationen konstruieren (die für ihn wie ein Win-Lose aussieht): Formulieren Sie die Absprache so, dass der primäre Nutzen für ihn offensichtlich ist.
- Nicht: "Du musst pünktlich sein, weil ich sonst gestresst bin."
- Sondern: "Wenn wir pünktlich sind, vermeiden wir lästiges Warten und haben mehr Zeit für [etwas, das er mag]."
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Klare, schriftliche und messbare Vereinbarungen treffen: Vagheit ist Einladung für Manipulation.
- Nicht: "Du übernimmst bitte mehr im Haushalt."
- Sondern: "Lass uns konkret aufschreiben: Du bringst immer dienstags und donnerstags den Müll raus und kochst freitags. Ich übernehme das dann an den anderen Tagen."
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Konsequenzen festlegen (und durchsetzen!): Das ist der schwierigste Teil. Eine Absprache ohne Konsequenz ist nur ein Vorschlag.
- Die Konsequenz muss logisch, durchsetzbar und für Sie ertragbar sein.
- Beispiel (beruflich): "Wenn die Daten nicht bis Freitag Mittag vorliegen, kann ich den Bericht nicht einbinden und wir müssen die Deadline verschieben. Ich informiere dann den Kunden accordingly."
- Beispiel (privat): "Wenn du dich wieder vor unseren Freunden über mich lustig machst, verlasse ich die Feier sofort." – Und dann müssen Sie es tun.
- Ruhig und sachlich bleiben: Emotionen (Wut, Verletztheit) sind oft genau das, was der Narzisst provozieren will ("Drama-Supply"). Bleiben Sie wie ein Roboter: faktenbasiert, ruhig und klar.
Wann ist es fast unmöglich?
- Bei hochgradig manipulativen oder missbräuchlichen Narzissten.
- Wenn die Absprache ausschließlich Ihren Bedürfnissen dient und für ihn keinen erkennbaren Vorteil bringt.
- Wenn Sie keine Machtposition (z.B. im Job) oder die Möglichkeit haben, Konsequenzen durchzusetzen (z.B. die Beziehung zu verlassen).
Wichtige Warnung und Empfehlung:
Schützen Sie sich selbst! Der ständige Versuch, mit einem Narzissten Absprachen zu treffen, ist emotional zermürbend. Sie laufen ständig Gefahr, manipuliert, enttäuscht und gaslightet zu werden.
- Tiefenpsychologische Arbeit: Ein Narzisst wird sich selten ändern, da er das Problem nicht bei sich, sondern immer bei anderen sieht. Eine Therapie ist für ihn nur attraktiv, wenn er extrem leidet (sog. "narzisstische Krise").
- Eigene Erwartungen managen: Die einzige Person, die Sie kontrollieren können, sind Sie selbst. Stellen Sie Ihre Erwartungen radikal nach unten. Erwarten Sie keine Fairness, keine Reue und keine echte Zusammenarbeit.
- Eigenes Coaching: Wenn Sie in einer Beziehung (beruflich oder privat) mit einem Narzissten gefangen sind, ist professionelle Unterstützung für Sie goldwert. Ein Coach kann Ihnen helfen, Grenzen zu setzen, Strategien zu entwickeln und sich emotional zu schützen. TERMIN VEREINBAREN!
- Loslassen lernen: Oft ist die einzig gesunde "Lösung", die Beziehung oder Zusammenarbeit zu beenden oder auf ein absolutes Minimum zu reduzieren.
Fazit: Absprachen mit einem Narzissten sind kein normales Geben und Nehmen. Es ist ein strategisches Manövrieren, bei dem Sie Ihre Erwartungen zurückfahren und sich emotional abschirmen müssen. Funktionieren sie nur, wenn der Nutzen für den Narzissten überwiegt. Investieren Sie Ihre Energie primär in den Selbstschutz und nicht in den aussichtslosen Versuch, ihn zu ändern.
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