Wie Sie loslassen können

 

Das Thema Loslassen kann ganze Bücher füllen und doch ist es sehr viel einfacher, als Sie es sich vielleicht gerade vorstellen. Wer sich Gedanken darüber macht, wie er loslassen kann, hat schon einen wichtigen Schritt gemacht, nämlich die Erkenntnis gewonnen, dass er loslassen muss.

 

Es gibt so unheimlich viele Dinge, die wir besser loslassen sollten, doch leider wird uns das oft viel zu spät bewusst. So lassen wir Menschen nicht los, die nicht mehr in unser Leben passen oder die uns schlichtweg nicht guttun. Wir halten an Freundschaften fest, die schon lange keine Freundschaften mehr sind und merken nicht, wie schlecht es uns dabei geht. Doch manchmal sind es auch Jobs, an denen wir uns festklammern, weil wir denken, dass sie der richtige Weg für uns sind. Wir leben nach Glaubenssätzen, die wir vielleicht noch von unseren Eltern gelernt haben und haben nie hinterfragt, ob dies auch unser Weg ist und ob diese Glaubenssätze überhaupt noch mit unserer modernen Welt vereinbar sind.

 

Doch mit all dem ist nun Schluss, denn Ihr Leben ist Ihr Leben und kein anderer Mensch sollte hier die Regie führen. Betrachten wir also, woran Sie in Ihrem Leben festhalten: Woran halten Sie derzeit fest?

 

In der folgenden Übersicht gibt es einige Vorschläge zu Gedanken, an denen Sie sich im Moment eventuell festklammern. Schreiben Sie Ihre Antworten in ein kleines Heft oder auf ein Blatt Papier.

  • Menschen aus der Vergangenheit, die Sie nicht loslassen können?
  • Ein Job, der Ihnen nur Kummer bereitet?
  • Freundschaften, die Sie mehr belasten als Ihnen Freude zu bereiten?
  • Beziehungen, die Sie mehr belasten als Ihnen schöne Momente zu bereiten?
  • Fehler, die Sie in der Vergangenheit gemacht haben, deren Konsequenzen Sie noch heute tragen müssen?
  • Der Kummer über eine unfaire Behandlung durch ein Familienmitglied oder Freunde?
  • Gibt es Menschen, auf die Sie noch wütend sind, obwohl das Geschehene schon mehrere Jahre her ist? 
  • Etwas ganz anderes?

Bedenken Sie hier bitte immer, dass meine Beispiele nicht unbedingt Ihre Gedanken sein müssen. Prüfen Sie daher genau, was Sie darüber denken und an welchem Punkt Sie sich vielleicht festgebissen haben.

 

Und dann lassen wir los. Wir trennen uns von Dingen, die in der Vergangenheit geschehen sind und die wir nicht mehr ändern können. Wir lassen Menschen los, die uns verlassen haben, egal ob durch Tod oder durch eine Trennung. Wir prüfen, ob unser Job Ballast für uns ist und welche Arbeit eine Bereicherung für uns sein könnte. Doch auch unsere Fehler nehmen wir als gegeben hin und akzeptieren, dass auch wir nicht fehlerfrei sind. Wer hierbei noch die Chance eines klärenden Gesprächs hat, sollte diese Gelegenheit natürlich nutzen. Allerdings ist dies nicht zwingend nötig, um das Loslassen zu praktizieren.

 

Entscheiden Sie sich bewusst dafür, Ihre Vergangenheit loszulassen. Überlegen Sie sich, was passieren könnte, wenn Sie das tun. Welche positiven Folgen könnten daraus entstehen? Wovor haben Sie Angst? Was hindert Sie daran, den Gedanken oder den Menschen aus Ihrer Vergangenheit loszulassen? „Ich liebe dich, aber lasse ich dich jetzt los.“ – Gerade dann, wenn Partnerschaften enden, fällt es uns oft schwer, diese Menschen loszulassen. Auch wenn die Liebe noch da ist, Sie können nur nach vorne schauen, wenn Sie auch diesen Menschen jetzt loslassen. Wer alles versucht hat, um diese Liebe zu retten, der hat im letzten Schritt nur noch diese eine Möglichkeit, nämlich zu akzeptieren, dass dieser Mensch nun Teil der eigenen Vergangenheit ist und dass es keine Zukunft mehr geben wird.

 

Jeder von uns weiß, dass es das Schwierigste ist, einen geliebten Menschen loszulassen. Wer glaubte, seinen Seelenverwandten gefunden zu haben und ein Zuhause in einem anderen Menschen fand, den wird das Loslassen vor eine harte Herausforderung stellen, aber wir schaffen das zusammen.

 

Wer allerdings einen geliebten Menschen durch Tod verloren hat, der muss vor dem Loslassen Trauerarbeit leisten und die Trauer auch zulassen. Ein Trauerprozess benötigt Zeit und wir nehmen jeden Tag etwas mehr Abschied. Liebevolle Gedanken und verbrachte Zeit mit diesem Menschen gehören genauso zur Trauerarbeit, wie Tränen, die fließen und aus unserem Körper hinauswollen. Akzeptieren Sie das, was Sie nicht ändern können. Nehmen Sie es an, so wie es ist. Sie müssen es nicht bewerten, weder gut noch schlecht finden. Sie müssen es einfach akzeptieren. Denn an etwas festzuhalten, worüber Sie keine Kontrolle haben, ist nicht gesund. Es wird Sie auf Dauer krank machen. Sie würden sich doch auch nicht über die Jahreszeiten ärgern, oder? Oder sich über das Wetter zu ärgern, ergibt keinen Sinn. Es liegt nun einmal nicht in unserer Hand, ob es regnet oder schneit.

 

Das Verhalten anderer Menschen unterliegt ebenfalls nicht unserer Kontrolle. Sie können niemanden verändern. Sie können nur Ihre eigene Reaktion auf das Benehmen der Anderen ändern. Wenn jemand unhöflich zu Ihnen ist, können Sie entweder selbst unhöflich sein oder Sie können demjenigen mit einem Lächeln begegnen. Sie können sich darüber ärgern, dass diese Person Sie so schlecht behandelt, oder darüber nachdenken, was wohl der Grund für diesen Unmut sein mag. Vielleicht hat er gerade einen geliebten Menschen verloren oder fürchtet um seinen Job. Es gibt viele Gründe dafür, warum Individuen sich danebenbenehmen.

 

Natürlich sollten Sie sich von niemandem schlecht behandeln lassen. Besonders dann, wenn Sie diese Person nie wiedersehen, ist es die Aufregung nicht wert. Doch wie lassen wir los, was uns so am Herzen liegt? Abgesehen vom Trauerprozess ist das Loslassen aber gar nicht so schwer, wie Sie sich das vielleicht derzeit vorstellen. Mit etwas Übung können Sie damit bereits heute beginnen. Wichtig ist nur, dass Sie genau wissen, was und wen Sie loslassen wollen.

 

Nehmen Sie sich jetzt also wieder etwas Zeit und notieren Sie, was oder wen Sie loslassen wollen. Hier einige Beispiele für Sie zur Unterstützung:

  1. Den Ex-Partner, und zwar mit allen Gefühlen und Erinnerungen, die das Loslassen so schwer machen. Selbst die Hoffnung, die noch tief in Ihnen schlummert, muss nun losgelassen werden, denn nur dann wird der Prozess auch wirklich gelingen.
  2. Ein Schlussstrich unter einem Job, der Sie krank macht und den Sie nur des Geldes wegen ausüben.
  3. Freundschaften, an denen Sie festhalten, obwohl dadurch ständig Ihr eigener Akku geleert wird.
  4. Gewohnheiten, die Ihr Leben erschweren und die Sie nur anderen Menschen zuliebe aufrechterhalten.

Und, was steht jetzt in Ihrer Box? Mit einer hohen Wahrscheinlichkeit ist einer der von mir gewählten Punkte auch jenes Thema, was Sie gerade so bewegt und das Sie nicht loslassen können. Sie haben aber schon einen wichtigen Schritt gemacht und festgehalten, was Sie loslassen möchten und somit ein kleines Ziel erreicht. Im nächsten Schritt geht es darum, dass Sie genau diese Dinge endgültig loslassen.

 

Anhand des ersten Beispiels möchte ich Ihnen aufzeigen, wie Sie das Loslassen üben können. Am besten eignet sich hierzu ein Zeitpunkt kurz vor dem Einschlafen, denn dann hat Ihr Unterbewusstsein die ganze Nacht Zeit, um das Loslassen zu üben.

 

Zu 1 – einen geliebten Menschen loslassen

 

Wer einen geliebten Menschen – genauer gesagt einen Ex-Partner – loslassen möchte, der muss sich von allen Erinnerungen und Gefühlen trennen. Zuerst ist es wichtig, sich klarzumachen, was genau man an dieser Person vermisst. Ist es die Person selbst oder nur die Gewohnheit, dass sie immer da war? Schließen Sie also Ihre Augen und stellen Sie sich eine Kiste vor. In diese Kiste werfen Sie nun alle Erinnerungen, Gefühle und vor allem Ihre Hoffnungen, die mit diesem Menschen verbunden waren und verschnüren dann dieses Paket. Jetzt halten Sie ein fest verschnürtes Paket in Ihren Händen, welches Sie in Gedanken von einem hohen Berg herunterwerfen. Dieses bildliche Loslassen ist jetzt bereits der zweite Schritt, den Sie geschafft haben. In den nächsten Wochen sollten Sie diesen Vorgang jeden Abend vor dem Einschlafen wiederholen und Sie werden kurzfristig feststellen, dass Sie sich jeden Tag ein wenig freier fühlen.

 

Zu 2 – einen Schlussstrich unter den Job setzen

 

Forcieren Sie einen Jobwechsel oder führen Sie Veränderung in Ihrem aktuellen Job herbei und starten Sie somit in Ihre neue Zukunft. Finden Sie heraus, was Ihren Job so schwer für Sie macht und stellen Sie sich die Frage, ob Veränderungen dazu führen könnten, dass Sie Ihren Job mit Freude und Glück ausüben können. In diesem Fall notieren Sie wieder die Dinge, die Ihren Job besser machen würden und gehen diese Dinge jeden Abend vor dem Einschlafen durch.

 

Hier einige Beispiele zur Unterstützung:

  • Besseres Arbeitsklima
  • Aufgaben, die zu Ihren Fähigkeiten passen
  • Höhere Entlohnung

Am Abend stellen Sie sich dann Ihren Arbeitsalltag so vor, als wären all die Dinge schon eingetroffen, die Sie sich wünschen. Sie schlafen also mit der Gewissheit ein, dass Sie einen Job haben, der Sie durch und durch mit Glück erfüllt.

 

Zu 3 – toxische Freundschaften beenden

 

Kennen Sie das Gefühl, ausgesaugt zu sein, zum Beispiel nach einem Treffen mit einem Freund oder einer Freundin? Haben Sie das Gefühl, dass Sie mit Widerwillen zu einem Treffen gehen oder dass Sie danach einige Tage benötigen, um Ihre eigene Kraft wiederzufinden? Dann sollten Sie eindeutig damit beginnen, sich Menschen zu suchen, die wirklich in Ihr Leben passen und die Sie nicht einfach nur benutzen. Erstellen Sie in diesem Fall eine Pro-Contra-Liste und prüfen Sie dann, warum Sie ausgerechnet an diesem Menschen festhalten.

 

Hier einige Beispiele, damit Sie wissen, um welche Punkte es sich handelt:

 

PRO

  • Ich bin nicht allein.
  • Spontane Treffen sind möglich, weil derjenige in der Nachbarschaft wohnt.
  • Ein Austausch ist möglich.

CONTRA

  • Ich fühle mich nicht wohl in dieser Gesellschaft.
  • Nach einem Treffen geht es mir oft schlecht.
  • Es fühlt sich nicht wirklich danach an, dass ich gesehen und gehört werde.

 

Unter Umständen kann es einiges an Zeit in Anspruch nehmen, bis Sie hier einige Punkte herausgefunden haben, doch machen Sie sich darüber keine Gedanken. Themen, mit denen wir uns nie zuvor beschäftigt haben, nehmen einfach Zeit in Anspruch. Im nächsten Schritt stellen Sie sich einmal die perfekte Freundschaft vor. Wie würde für Sie eine solche Freundschaft aussehen? Meine ideale Freundschaft sieht zum Beispiel so aus:

  • Man ist für den anderen da und lernt seine Schwächen und Stärken kennen.
  • Zusammen lachen und eine glückliche Zeit verbringen.
  • Dieser Mensch ist auch in schlechten Zeiten für einen da und nicht nur, wenn die Sonne scheint.
  • Ähnliche Denkweisen und Vorstellungen vom Leben machen die Freundschaft so wertvoll.
  • Ich werde gesehen und akzeptiert, und zwar auch mit meinen Fehlern.
  • Hier kann ich so sein, wie ich bin, und muss mich nicht verstellen.
  • Ein enger Freund oder eine enge Freundin sagt mir auch, wenn ich falsch liege und zeigt mir meine Fehler auf eine liebevolle Art und Weise auf.
  • Diese Person kann auch akzeptieren, wenn wir unterschiedlicher Meinung sind und auch ich ändere meine Einstellung gegenüber dieser Person nicht aufgrund einer Meinungsverschiedenheit.

Was steht nun auf Ihrer Liste? Was bedeutet für Sie eine gute Freundschaft? Am Abend stellen Sie sich bildlich vor, wie Sie mit diesem Menschen eine unvergleichliche Zeit verbringen. Sie gehen zusammen durch dick und dünn und diese Person bereichert Ihr Leben und auch Sie sind eine großartige Unterstützung für diesen Menschen. Schon nach einigen Tagen werden Sie feststellen, mit welchen Personen eine solche Freundschaft einfach nicht möglich ist und Sie werden die Augen offenhalten, um einen für Sie passenden Menschen zu finden.

 

Zu 4 – Gewohnheiten ändern

 

Starten Sie den Weg zu sich selbst und lösen Sie sich von Erwartungen anderer Menschen, denn Sie müssen nicht das Leben anderer Menschen leben, sondern nur Ihr eigenes. Überprüfen Sie genau, wann Sie welches Verhalten an den Tag legen und ob dieses Verhalten wirklich deckungsgleich mit Ihren eigenen Ansprüchen ist. Zu oft haben wir Dinge in unser Leben übernommen, die andere Menschen, unter anderem unsere Eltern, von uns erwarten.

 

Gewohnheiten zu ändern ist ein sehr schwieriger Punkt, und Sie werden vielleicht erst später wirklich herausgefunden haben, welche Eigenschaften Sie von anderen Menschen erhalten haben und warum Sie diese noch nicht loslassen konnten. Doch sobald Sie mehr über sich selbst erfahren haben, werden Sie auch diesen Schritt schaffen. Fakt ist, Sie müssen alles loslassen, was Sie davon abhält, Ihr eigenes Leben zu gestalten.

 

Für schnelle Hilfe, auch in Ihrem Alltag, können Sie einfach mal kurz die Augen schließen und zu sich selbst sagen: „Ich lasse alles los!“ Das bewusste Loslassen kann auch durch eine Geste unterstrichen werden. Sehen Sie sich noch einmal die Notizen an, die Sie soeben gemacht haben. Lösen Sie sich von den Worten, die Sie geschrieben haben, indem Sie diese Notizen verbrennen, vergraben oder in Stücke reißen und in den Müll werfen. Sie können Sie natürlich auch schreddern oder einfach wegwerfen. Egal, wie Sie sich davon befreien, allein diese Handlung, wird Ihnen helfen, die Vergangenheit dort zu lassen, wo sie hingehört.

 

Machen Sie aktiv einen Schritt in ein positiveres Leben. Eine Faustregel besagt, dass wir 21 Tage benötigen, um unsere Gewohnheiten zu ändern. Das stimmt so allerdings nicht ganz. Grundsätzlich automatisieren sich neue Verhaltensweisen nach ungefähr 21 bis 30 Tagen. Bis sie aber wirklich zu voll automatisierten Gewohnheiten werden, vergehen im Schnitt 66 Tage. Geben Sie sich also selbst die Zeit, um alte Gepflogenheiten abzulegen und sich neue, positivere anzueignen.

 

Eine gute Sache sind Challenges, die heutzutage ein Phänomen darstellen, welches als durchaus positiv zu betrachten ist. Wollen Sie zum Beispiel mehr Sport in Ihren Alltag integrieren, sollten Sie bei einer Challenge mitmachen. Versuchen Sie sich zuerst an 30 Tagen und steigern Sie sich auf 60 Tage. Die ersten paar Wochen werden die schwierigste Zeit sein, nicht nur körperlich, sondern auch mental wird es eine Herausforderung sein. Außerdem braucht es ein gutes Zeitmanagement, um wirklich jeden Tag einer sportlichen Tätigkeit nachzugehen. Schaffen Sie es aber, sich 60 Tage lang jeden Tag zu bewegen, und sei es nur für 15 Minuten, werden Sie sich diese Tätigkeit gar nicht mehr wegdenken können. Es geht also beim Verändern von Gewohnheiten um das Loslassen alter Verhaltensweisen und das Erlernen neuer.

 

 

 

Foto von Erriko Boccia auf Unsplash

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