Der „richtige“ Partner

 

„Liebe Dich selbst und es ist egal, wenn Du heiratest!“ heißt eines der wichtigsten Bücher zum Thema Partnerschaft und stammt aus der Feder von Eva-Maria Zurhorst, die sich gemeinsam mit ihrem Mann Wolfram als erfolgreichste deutsche Ehetherapeuten bezeichnet. Es war für mich persönlich eines der wegweisenden Bücher, das zu ganz vielen weiteren Pfaden geführt hat und ich bin der Autorin bis heute dafür zutiefst dankbar. 

 

Eigentlich kann ich damit dieses Thema auch schon beenden. Denn auf einen ganz kurzen Nenner gebracht heißt der Titel: Selbstliebe ist die Grundlage überhaupt. Das wichtigste. Das entscheidende. Das, worum kein Weg herumführt, wenn Du – auch in der Partnerschaft – ein glückliches und zufriedenes Leben führen möchtest. Und das nicht als Ausnahme („Jo mei, heute geht es schon ein bissl besser! Aber …“), sondern einfach jeden Tag! Auch wenn es mal nicht so läuft. Auch wenn irgendjemand gestorben oder krank ist, auch wenn Du selbst in einem Loch sitzt und keinerlei Vorstellung davon hast, wie Du da wieder rauskommen sollst! 

 

Also haben Du und ich verstanden, dass Selbstliebe die Grundlage für eine total gute Beziehung und Partnerschaft ist. Was hat das jetzt aber mit dem Thema „der richtige Partner“ und vor allem mit der Partnerwahl zu tun?

 

Die erste Partnerwahl läuft häufig in eine Phase totaler Unbewusstheit und Unkenntnis der eigenen Wünsche und Bedürfnisse hinein. Sie spiegelt einfach wieder, was ich zu diesem Zeitpunkt exakt über mich selbst glaube. Diese Partnerwahl zeigt, wie wertvoll und wichtig ich mich selbst nehme und was ich einfach - ohne jede Bewertung! – in diesem Moment BRAUCHE. Sie hat wenig bis nichts mit Liebe zu tun, aber ganz viel mit meinem Schattenkind (der traurige, enttäuschte Anteil des Inneren Kindes). Wir können eigentlich gar nicht von einer „Wahl“ reden, denn dies impliziert ja, dass es tatsächlich Optionen zur freien Auswahl geben würde. Das ist aber nicht der Fall! Tatsächlich geht es um eine für beide beteiligte Partner notwendige Lernerfahrung, um mehr nicht. Manche führen diese allerdings ein Leben lang fort – kreuzunglücklich, gebunden, voller Angst und in einem selbst gezimmerten Gefängnis. 

 

Es ist gut und richtig, dass diese ersten Partnerwahlen irgendwann enden. Ich brauche diese Lernerfahrungen! Sie sind für meine weitere Entwicklung wichtig oder stabilisieren mich wenigstens in einem für mich kritischen Moment. 

 

H. heiratet mit 21 Jahren eine um 10 Jahre ältere Frau. Er kommt aus einer Scheidungsfamilie, die auch in Teilen zu keinem Zeitpunkt seiner Kindheit stabil und funktional erscheint. Mit 16 zieht er von „zu Hause“ aus, nachdem er vorher Gewalt durch seine Mutter und deren verschiedene Lebensgefährten erfahren hat. Seine neue Ehefrau hat bereits eine Tochter aus erster Ehe und so ist seine Familie gleich komplett. Die Frau – nennen wir sie K. – ist beruflich etabliert und hat eine eigene große Wohnung. Körperlich ist sie recht mollig, was dem jungen H. ein Gefühl der Sicherheit vermittelt, auf ihn körperlich / sexuell attraktiv wirkt und unterbewusst Mütterlichkeit und die Fähigkeit zur Sorge aufzeigt. 

 

Im Laufe der Zeit wird allerdings klar, dass die beiden recht wenig gemeinsam haben. Weder intellektuell – H. beginnt sein Abitur nachzuholen und peilt ein Studium an – noch sportlich – das Übergewicht von K. wird stärker und sie greift zur Lösung ihrer Probleme immer häufiger zu Essen und Alkohol – gibt es eine gemeinsame Basis. H. trennt sich nach einigen Jahren, nachdem er eine jüngere, attraktive Frau kennen gelernt hat, mit der die Gründung einer eigenen Familie mit eigenen Kindern von Anfang an bestimmendes Thema war. Auch diese – nennen wir sie A. – kommt aus desaströsen familiären Verhältnissen. H. und A. beginnen beide fast zeitgleich ein Studium, sind kulturell und sportlich auf der gleichen Wellenlänge, werden allerdings im Verlauf der Jahre aufgrund mangelhafter Aufarbeitung der je eigenen Geschichte und in Folge damit zunehmend größerer Differenzen nicht in der Lage sein, ihre Ehe positiv auszugestalten und fortzuführen. 

 

Hier also von einem 21jährigen zu erwarten, dass er bereits eine voll bewusste Partnerwahl trifft ist verfrüht. Es geht in diesem Alter um sich selbst und die Welt kennenlernen, das andere Geschlecht und die Sexualität. Erfahrungen sammeln, die (noch) etwas Spielerisches an sich haben und im Ausprobieren von LEBEN im weitesten Sinn der Entwicklung des eigenen Ich dienen. Dieses wird dann erst nach der Adoleszenz greif- und fühlbar, kann jetzt eigene Aussagen treffen: „Der und der bin ich, das macht mich aus, das will ich“ und darauf basierend erfolgt nun eine der eigenen Person angemessene Partnerwahl. Immer vorausgesetzt, die Entwicklung ist normal verlaufen und es ist unserem jungen Menschen gelungen, eine erwachsene Persönlichkeit herauszubilden, die eigene Persönlichkeitsanteile positiv integriert und sich durch Verantwortungsübernahme für die eigene Person und das eigene Leben auszeichnet. 

 

Ist dieser Grad der Bewusstheit erreicht und die eigene Persönlichkeit entwickelt fällt mir die passende Partnerin, der passende Partner geradezu in den Schoss! Eine Suche und ein mühsames Daten wird überflüssig – der Reiz einer voll entwickelten weiblichen oder männlichen Persönlichkeit, die weiß, was sie will und was auch nicht, wirkt äußerst attraktiv auf das jeweils andere Geschlecht und macht mühsame Versuche überflüssig. Auf der anderen Seite weiß der solcherart attraktive Mensch auch, wen er möchte. Er wählt für sich nicht den ersten besten oder eben den Partner aus, den er halt „kriegen“ kann, sondern er hat hohe Ansprüche, die bis ins Detail gehen können – verbunden mit der noch notwendigen Offenheit für einen andersartigen Partner. Diese Andersartigkeit wiederum macht den Partner ja interessant – auch sexuell – und ist nicht einfach Spiegelung einer narzisstischen Persönlichkeit. 

 

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